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Fabian Hischmann

Dies ist eine Geschichte über mutige Menschen, über ihre Burgen und deren Verteidigung gegen die Zeit und andere Ungeheuer – 

So ähnlich könnte mein Text beginnen, wäre er ein Oldschool-Märchen.
Aber es soll kurz um die Realität gehen. Beziehungsweise um Orte, die mir helfen diese Realität besser zu verstehen oder für eine Weile aus ihr zu fliehen.
Es sind Orte, an denen Bücher nicht bloß aus Distinktions– oder Dekogründen im Regal stehen, sondern aus Überzeugung (auch wenn das selten reich macht, also im pragmatischen Geld-Sinn).

Unabhängige Buchhandlungen sind stetig schwindende Echokammern haptischer Wortkunst – 

könnte es in einem arg pessimistischen Feuilleton-Artikel heißen und noch etliche Zeichen weiter neblig dahin mäandern.
Meine liebsten Buchhändler*innen (an dieser Stelle viele Grüße an „Die Buchkönigin“ in Berlin-Neukölln und „Eisenherz“ in Berlin-Schöneberg, an Nina und Franz und all eure Kompliz*innen!) drücken sich da, trotz allem, zum Glück klarer und begeisterter aus. Und wahrscheinlich ist es genau dieser Mix den es braucht, also aus Klarsicht und Begeisterung, um das Schiff (metaphorisch-subtil geht anders, I know) auf Kurs zu halten und optimistisch durch all die digitalen Nebelbänke und kapitalistischen Stürme zu steuern.

Die lokale, unabhängige Buchhandlung ist sicher – 

okay, das haben Politiker*innen noch nie gesagt. Und so ein Versprechen wäre am Ende erfahrungsgemäß wohl auch nicht viel mehr als ein rhetorisches Pusteblümchen.
Trotzdem ist sicher ein gutes Adjektiv, wenn ich an meine Lieblingsbuchhandlungen denke. Denn es sind sichere (Schutz-)Räume für queere, unabhängige Postionen, für diverse Autor*innen und Lesende. 

Viel –

so möchte ich auf die Frage, was Buchhandlungen mir bedeuten, antworten.
Möglicherweise ist diese Antwort für manche zu knapp, aber ich mag Leerstellen und verrate ungern zu viel.
Das ist übrigens auch eine Qualität guter Buchhändler*innen: Empfehlen ohne Imperativ und/oder Spoiler.

Aber weil ich ja kein Buchhändler bin, mache ich zum Schluss genau das Gegenteil: Die beste Buchhandlung in Bremen heißt „Golden Shop“ und ihr müsst alle dort einkaufen! Und wenn ihr in Berlin seid in der „Buchkönigin“! Und bei „Eisenherz“! Und …

Porträt von Fabian Hischmann
© privat

Fabian Hischmann, geboren 1983 in Donaueschingen, studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim und am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. 2011 erhielt er das Bremer Autorenstipendium. 2013 war er Teilnehmer der Jürgen-Ponto-Schreibwerkstatt, 2015 Stipendiat der Kunststiftung Baden-Württemberg. 2017 wurde er zum Festival Neue Literatur nach New York City eingeladen und erhielt ein Aufenthaltsstipendium des Schleswig-Holsteinischen Künstlerhauses in Eckernförde. Kurzgeschichten von ihm wurden in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Sein Debütroman “Am Ende schmeißen wir mit Gold” war 2014 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, sein zweiter Roman “Das Umgehen der Orte” erschien 2017 und 2019 sein Erzählungsband “Alle wollen was erleben”. Fabian Hischmann lebt in Berlin.

www.fabianhischmann.de