Ausschnitt von einem Arbeitstisch aus einer Schreibwerkstatt

Werkstatt-Texte

Kreatives Schreiben: Innere Monologe und Betrachtungen - mit Angelika Sinn

Uni-Seminar im WiSe 2020 / 21 

In diesem Kurs haben die Studierenden literarische Figuren entwickelt, die Zwiesprache mit sich selbst hielten, Monologe führten, fantasierten, träumten, reflektierten, analysierten oder ihren Gedanken freien Lauf ließen.

In der Regel geschah dies in erdachten Szenen und jeweils aus der Perspektive eines Protagonisten oder einer Protagonistin.

In einer Aufgabe jedoch wurden die Student*innen darum gebeten, aus ihrer persönlichen Sicht in einem freien Gedankenstrom folgende Frage zu beantworten: Was soll, wenn die Corona-Pandemie beendet ist, auf jeden Fall anders laufen als zuvor?

Hier eine Auswahl der entstandenen Texte.

Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal erleben würde. Ich treffe meine Freunde nur noch über Skype und WhatsApp Videochat. Hätte mir das jemand vor einem Jahr gesagt, ich hätte ungläubig den Kopf  geschüttelt und gelacht. Ich hatte noch nie eine Maske getragen – bis letztes Jahr. Und jetzt? Sobald ich das Haus verlasse – Maske. Bei der Arbeit? – Maske. Richtig gut, bei den Kunden muss ich dreimal nachfragen, bis ich durch die Maske verstehe was sie wollen. Aber arbeiten kann ich jetzt ja eh nicht mehr – die meisten Geschäfte haben geschlossen und dabei ist nicht einmal Sonntag. Sonntag... Und Gottesdienste? Fehlanzeige. Gab es das schon mal? Dass keine Gottesdienste stattfinden? Allerdings finde ich es gar nicht so schlecht, dass man beim Arzt im Wartezimmer Masken tragen muss. Das kann gerne beibehalten werden. Ich will ja nicht kränker zurückkommen, als ich hingegangen bin. Und die Natur hat sich offenbar in diesen Zeiten sehr erholt, was man so in den Nachrichten hört. Aber das wird ja nicht von Dauer sein. Wenn die Leute ihre gewohnten Verhaltensweisen wieder annehmen oder dann dreimal im Jahr in den Urlaub fliegen, weil sie ja in den letzten Jahren zurückstecken mussten, dann wird es vielleicht schlimmer als vorher. Unsere Natur braucht eine dauerhafte Verbesserung durch langfristige Änderungen. Da muss etwas passieren.

In erster Hinsicht sollte die Corona-Pandemie hoffentlich auf die Unzulänglichkeiten unseres Gesundheitssystems sowie das anderer Länder aufmerksam gemacht haben. Man möge auch hoffen, dass trotz der vielen Verschwörungstheoretiker und Querdenker die Rolle der Wissenschaft und Wissenschaftler in der Gesellschaft wieder mehr geschätzt wird und dass die Pandemie die Wichtigkeit von Berufen aufzeigt, die sonst eher als nebensächlich angesehen werden, wie Kundenbedienung und andere Jobs mit relativ geringer Bezahlung.

Auch wird einem wieder bewusst, wie wichtig es doch ist, Sozialkontakte zu haben. Ich habe mich nie übermäßig oft mit Freunden getroffen und dennoch merke ich, wie sehr ich es vermisse, ein paar Mal im Monat meine Freunde zu sehen und mit ihnen ein paar gute Filme anzuschauen.

Apropos: Eine größere Wertschätzung von Kultur und Kunst, die mit am meisten von allen unter der Pandemie leiden, wäre wirklich schön. Jetzt, wo wir zu Hause bleiben müssen, merken viele erst, wie wichtig Unterhaltung und Kunst doch für uns alle sind. Und so viele Filme ich auch im vergangenen Jahr zu Hause gesehen habe, machte es doch nur klarer, dass das nie dasselbe sein kann, wie einen Film im Kino mit einer Gruppe Menschen, tollem Sound und auf einer großen Leinwand zu sehen. Dieses Erlebnis kann zu Hause nicht repliziert werden, das fand ich schon immer, und das hat die Pandemie nur noch einmal bestätigt. Ich hoffe inständig, dass sich die meisten Kinos wieder erholen und mit erneutem Zuschauerzulauf rechnen können.

Und dann möchte ich endlich „Dune“ sehen, verdammt noch mal. Der Villeneuve hat den Erfolg doch so verdient!

Schon fast ein Jahr ist es her, dass das Corona-Virus aufgetaucht ist und seitdem unseren Alltag bestimmt. Ganz am Anfang habe ich es nicht ernst genommen. „Ach das ist so weit weg“ oder „Das ist bald wieder vergessen“ waren meine ersten Gedanken. Doch plötzlich stand die Welt still. Schulen, Restaurants und Friseure, alles musste schließen. Nie im Leben hätte ich mit so einer Wendung gerechnet. Das Leben vor Corona? Alles was davor war, fühlt sich nicht echt an. Die Erinnerungen sind dunkel. Ich schaue mir alte Bilder an und denke: „Wo ist deine Maske?“

Online-Unterricht, Maskenpflicht, Abstandregelungen und Hygienemaßnahmen sind für mich zur Normalität geworden. Wenn die Corona-Pandemie also irgendwann vorbei sein sollte, wird es sich erst mal fremd anfühlen, ohne diese Maßnahmen in den Tag zu starten. Aber was genau sollte dann anders laufen? Man sollte anfangen, die kleinen Dinge zu schätzen und nicht alles als selbstverständlich zu sehen. Sei es spontan shoppen zu gehen, auswärts zu essen oder ein Treffen im Park mit den Freunden. Diese Dinge sind nicht selbstverständlich, und das haben wir erst durch die Pandemie gelernt. Man sollte für alle Möglichkeiten und Freiheiten dankbar sein. Man weiß nie,  was  passiert, es kann alles so schnell vorbei sein, deshalb sollte man aufhören, sich über unnötige Dinge den Kopf zu zerbrechen.

Hauptsache, sie machen nich' einfach ein'n Reset. Schon beim Händeschütteln! Was sollte das? Ich konnt' es nie leiden, besonders nich' bei Fremden. Warum immer alles angrabbeln? Wer wusst' denn schon, wann die zuletzt die Hände gewaschen ha'm oder was die alles be-touched ha'm since? Müssen wir nich' wieder ha'm. Un' beson'ers die Uni muss umdenken un' nich' einfach zurückgeh'n und just dismiss it all. Wir wissen jetz', dass's an'ers geht. Ich will nich' wieder in der Kälte auf'n verspäteten Zug warten, zur Tram flitzen müssen und 'ne Viertelstunde gedrängt in 'er οχλος mit Fremden rumstehen, teils mit schwerer Laptoptasche, die an'er Schulter zieht, dann weiter flitzen quer über's Uni-Gelände un' zich Treppen hoch, 'n Platz suchen, wo noch frei is' un' immer wieder auf die Uhr gucken, peinlich unter Blicken rausschleichen un' dann gleichermaßen zurückflitzen un' bangen, ob ich 'n Zuch noch schaffe oder eine volle verdammte Stunde auf'm Bahnhof sitzen darf. Falls er denn fährt! Maybe not today? 'Wir bitten um Verständnis'. Ich hab' aber keins, f*cking fob-notches! Verständnis? It's the ONLY bloody train left for me!!! Mein Bahnhof is' ja nich' wichtig genug für mehr als einen einzigen, elendigen Zuch die Stunde. Un-ig! Also, liebe Uni, und 'liebe' is' 'ne Floskel hier, think twice, wo Präsenzlehre hier wirk'ich sinnvoll is', un' tu' nich' wieder so, as if that has to be. It doesn't. Das wissen wir jetz'. Sobald möglich alles wieder auf Präsenzlehre umschalten, wär nichts als Starrsinn. Presumptuous, mulish Dreckkk! Un' das zählt ja noch nich' ma' die Kandidaten der Herren a Damen lecturers, die zwanzig freaking minutes vor'm Start erst mailen, dass heut' das Seminar entfällt. Damn them all! Wenn's ei'ma' is', ärgert's schon. Aber Unfälle passieren. Denk' ich nu' aber an ***. Die allererste Stunde.... Ende des Monats nochma'. Und dann- argks! Aber ich bin ruhig. Tangnefeddus. Segnet die Seuche, ich bin jetz' 'n πας Jahr nich' im an'ern Bundesland gestrandet. Blessed! Diolch indeed. Ahh, well, parts anyway, is' ja klar. Alles hat Vor- un' Nachteile. Un' ich vergess ja marwolaeth, Nachfolgen un' Ängste nich'. Aber man soll ja draus lern'! Un' für die Technik war's 'n gutes Jahr. Don't forget 'n' regress.

Was anders laufen soll? Ich weiß es nicht. Eine Pandemie wie diese habe ich schließlich nie zuvor erlebt. Dementsprechend bin ich nicht besonders vorausdenkend. Was soll anders laufen…? Keine Ahnung.

Plötzlich war alles lahmgelegt. Uni konnte nur noch online stattfinden, Freunde treffen und Spaß haben waren generell verboten, und einen Job habe ich auch nicht mehr. Lockdown führt zu vollständiger Isolation. Und dann werden auch noch zwei Gruppen offenbar: die „Normalen“ und die „Verschwörungsspinner“. Alles in allem läuft es also praktisch wie in einer dystopischen Serie ab oder in einem Roman von Stephen King. Jeder gegen jeden, nur die Zombies fehlen.

Was soll also anders werden? Einigen sollte man ihren gesunden Menschenverstand aberkennen, anderen sollten Orden verliehen werden. Insgesamt sieht man aber vor allem politisch sehr stark, wie schlecht es um einige Regierungen der Welt wirklich steht. Ob man sich nun Desinfektionsmittel spritzen soll (hust hust Trump) oder von Tarotkarten beschützen lassen (liebe Grüße gehen an Mexiko) oder die Bevölkerung selbst es nicht auf die Reihe bekommt (danke an Rio de Janeiro, das uns zeigt, dass die Deutschen nicht die Beklopptesten sind).

Ich könnte unzählige weitere Beispiele geben, die uns zeigen, wie abgefuckt die Welt wirklich ist. Aber das werde ich nicht, ich beantworte einfach die Frage, falls die Antwort nicht schon ersichtlich ist. Was soll anders werden? Die Menschheit soll anders werden, insbesondere unsere ach so großen und starken Regierungen.